Völkermarkt
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Das VK24 Interview

Kinderbetreuung in Völkermarkt: Eine Mutter packt aus

Das neue Schuljahr beginnt. Auch für die Kleinsten wird es ernst. In einem umfangreichen Interview legte eine Mutter aus dem Bezirk ihre Fakten auf den Tisch und schildert ihre Erfahrungen in Sachen Kinderbetreuung in Völkermarkt.

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Namentlich möchte die zweifache Mutter aus dem Bezirk Völkermarkt nicht genannt werden. Nach einer einjährigen Karenzzeit – ihre Kinder sind aktuell 4 und 1 1/2 Jahre alt – musste sie wieder ins Berufsleben einsteigen. „Dies gestaltete sich durch die fehlende außerfamiliäre Kinderbetreuung schwer. Ich hatte nur mit sehr viel „Glück“ und im letzten Moment vor dem Berufseinstieg, einen Kinderbetreuungsplatz bekommen“, erzählte sie VK24.

„Es zerrte sehr an meinen Nerven, da man auch mit Existenzängste zu kämpfen hat und der Einstig ins Berufsleben trotz familiärer Hilfe stark erschwert und mit Barrieren gekennzeichnet ist“.

Zweifache Mutter aus dem Bezirk Völkermarkt

VK24: Wie lange vorher sollte man sich (aus eigener Erfahrung) in Völkermarkt bereits auf die Suche machen, um einen Betreuungsplatz für das Kleinkind zu bekommen?
Mutter: „Aus eigener Erfahrung ist es schon zu Beginn der Schwangerschaft ratsam, sich mit dem Thema Kinderbetreuung auseinanderzusetzen. Wenn man sich seine Wunschbetreuung sichern möchte und keine Anmeldefrist besteht, muss es in Völkermarkt zurzeit schon vor Geburt des Kindes angemeldet werden. Aber auch eine frühzeitige Anmeldung ist keine Zusage für einen fixen Betreuungsplatz. Natürlich hängt die Verfügbarkeit der Betreuungsplätze in Völkermarkt auch mit den eigenen Vorstellungen des Elternteiles und vom Alter des Kindes ab.“

„Wenn man sich die Kinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren ansieht, ist zu erwähnen, dass es ab Herbst 2023 noch sieben Tagesmütter im Bezirk Völkermarkt gibt. Davon sind direkt in Völkermarkt nur noch drei Tagesmütter beschäftigt, wobei bei diesen, eine enorme Nachfrage besteht. Eine Tagesmutter erklärte mir im Frühling, dass sie mindestens 20 Elternteilen sofort absagen musste, da ein viel zu hohes Interesse an dieser Betreuungsform besteht. Eine fixe Zusage kann auch meist erst im Frühjahr bis kurz vor Eintritt im Herbst gegeben werden, weil auch die Kindergärten, in die die Kinder später wechseln, erst im Frühjahr ein Zusage zum Wechsel geben und die Betreuungsplätze bei der Tagesmutter erst dann wieder frei werden.“

Je früher man sich nach einem Betreuungsplatz für sein Kind umsieht, desto besser ©pixabay

„Kindergärten, die eine altersübergreifende Betreuung anbieten, können dieser nur nachgehen, wenn das Kind 2 Jahre alt ist und es zu wenig Anmeldungen von Kindern im Alter von drei bis sechs Jahren gibt. Die Geschichte meiner Betreuungssuche begann zum Beispiel schon als ich in der 14. Schwangerschaftswoche war und mein Kind bei meiner Wunschtagesmutter anmeldete. Da eine so hohe Nachfrage bestand und wenig Kinder in den Kindergarten wechseln, bekam ich den Platz schlussendlich nicht und musste mich nach Alternativen umsehen. Trotz unzähliger Anmeldungen, war es leider zwei Jahre vor Eintritt in die Betreuung zu spät.“

„In anderen Kleinkindbetreuungsformen wie einer Kindertagesstätte, kann eine Anmeldung ein Jahr vor Eintritt reichen, jedoch wird man vorerst auch in einer Warteliste aufgereiht. Auch die Zusage wir meist erst wenige Monate vor Eintritt gegeben. Ich kann auch nur anraten sich in mehreren Einrichtungen anzumelden, um die Chance für eine Aufnahme zu erhöhen.“

Ist man aufgrund der geringen Kleinkindbetreuungsplätze in Völkermarkt als Elternteil gezwungen, den Schützling in einer KiTa in einer anderen Gemeinde/Bezirk anzumelden?
„Es gibt noch die Möglichkeit sein Kind in der Nähe des Arbeitsplatzes anzumelden, jedoch sind die Betreuungsplätze auch in anderen Gemeinden rar und sind mit Bedingungen verknüpft. Denn ein gemeindeexternes Kind kommt in der Warteliste an den letzten Rang und wird nur aufgenommen, wenn es zu wenig gemeindeinterne Anmeldungen gibt.“

©pixabay

„Da es in Völkermarkt neben den drei Tagesmüttern und den altersübergreifenden Kindergärten nur noch eine weitere Kleinkindbetreuungsform im Umkreis gibt, ist man teilweise gezwungen sein Kind in einer anderen Gemeinde unterzubringen oder eine 20 minütige Fahrstrecke in Kauf zu nehmen. Ich selbst habe mein Kind bei allen Einrichtungen in Völkermarkt vorgemerkt und er wird genommen, wenn wirklich noch ein Platz frei wird. Jedoch ist diese Aussage keine Zusage und man ist auch aus Existenzängsten gezwungen, das Kind in anderen Gemeinden anzumelden. Ich habe leider von allen Gemeinden im Umkreis eine Absage bekommen, da zu viele Kinder der Gemeinde angemeldet wurden. Also kann ich bis Herbst hoffen, dass noch ein Platz frei wird und mein Kind in letzter Minute noch aufgenommen wird, sonst kann ich meiner Arbeit nicht nachgehen, habe extreme finanzielle Einbußen und verliere eventuell meinen Arbeitsplatz. Und diese Aussagen sind Realität.“

Was denkst du: Ist es aus aktueller Sicht als alleinerziehende Mutter/Vater (ohne familiäre Hilfe von Großeltern…) finanziell überhaupt stemmbar, länger als geplant zu Hause zu bleiben, um das Kleinkind selbst zu betreuen, bevor es mit 3 Jahren in den Kindergarten gehen kann?
„Für Alleinerziehende ist es meiner Meinung nach unmöglich, ohne weitere Hilfe innerhalb der Familie, länger als zwei Jahre die Kinderbetreuung zu Hause zu übernehmen. Auch die zwei oder drei Jahre, in der man das Kinderbetreuungsgeld erhält, ist schon finanziell schwer stemmbar, besonders für Alleinerziehende. Denn mit ca. 300- 550 € Kinderbetreuungsgeld plus ca. 180€ Familienbeihilfe kann man durchaus kein Leben für sich und seine Kinder gewährleisten. Auch das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld zeigt sich zwar mit weniger starken finanziellen Defiziten, aber durch starken Druck einen Betreuungsplatz innerhalb von 1 Jahr zu finden. Die Karenzzeit ist leider von allen Seiten mit finanziellen Einbußen oder Druck gekennzeichnet. Und nach dem zweitem Jahr Karenz bleibt einem fast keine andere Möglichkeit als arbeiten zu gehen und eine außerfamiliäre Kinderbetreuung in Anspruch zu nehmen, wenn man denn auch eine bekommt.“

©pixabay

Wird einem in der eigenen Gemeinde geholfen einen Betreuungsplatz für den Schützling zu bekommen?
„Ich habe selbst die Erfahrung machen müssen, wie es ist bis zuletzt hoffen zu müssen einen Betreuungsplatz für meinen 1 ½ Jährigen Sohn zu bekommen. Trotz frühzeitiger Anmeldung bekamen wir entweder Absagen oder einen Wartelistenplatz. Obwohl ich wieder ins Berufsleben einstieg als mein Sohn ein Jahr alt war, bekam ich keinen Betreuungsplatz für ihn. Ich musste auf eine gute Organisation mit dem Kindesvater und familiäre Unterstützung zurückgreifen, die jedoch durch Fahrtstrecken von knapp 50 Kilometer pro Arbeitstag gekennzeichnet wurden. Dies stresste mich und meinen Sohn enorm. Jedoch muss ich mich dankbar zeigen, eine Alternative gefunden zu haben, um arbeiten zu gehen. Denn hätte ich diese Unterstützung nicht, könnte ich meiner Arbeit nicht nachgehen. Schlussendlich muss ich sagen, dass ich nach vielen Telefonaten mit Gemeinde und Land zu dem Entschluss gekommen bin, das man sich als Elternteil in Völkermarkt im Stich gelassen fühlt. Man wird immer wieder damit getröstet, dass man Geduld haben muss und sich schon etwas ergeben würde. Jedoch was passiert, wenn sich nichts ergibt. Wer übernimmt meine Rechnungen, wenn ich keinen Betreuungsplatz habe und meine Familie die Kinderbetreuung nicht übernehmen kann, das auch meiner Meinung nach nicht deren Aufgabe ist. Man muss sich selbst um die Kinderbetreuung kümmern und kann bis zuletzt nur hoffen.“

©pixabay

Was sollte sich deiner Meinung nach ändern? Wo gibt es gerade im ländlichen Raum Aufholbedarf in Sachen (Klein)Kinderbetreuung?
„Es sollte Eltern die Möglichkeit gegeben werden sich nicht Sorgen darüber machen zu müssen, ob man seiner Berufstätigkeit nachgehen kann oder nicht. Es sollte mehr Kinderbetreuungseinrichtungen geben, die für Kinder im Alter von 1 und 3 Jahren geeignet sind. Aber auch die Betreuungszeiten sind für viele Eltern eine Herausforderung. Viele Einrichtungen vergeben zuletzt nur Halbtagsplätze, die für Vollzeitberufstätige nicht umsetzbar sind. Aber auch die täglichen Betreuungszeiten erschweren eine Vereinbarkeit von Beruf und Elternschaft, da oft nur eine Betreuung bis 16 Uhr besteht.“

„Wir brauchen auch mehr Sicherheit. In punkto Sicherheit meine ich, dass es für bestehende Kindereinrichtungen Notfallpläne geben muss, wenn der reguläre Betrieb aufgrund von Baumaßnahmen oder Personalmangel nicht gewährleistet werden kann. Es wird Eltern viel zu viel Verantwortung übergeben und zu wenig Wahlmöglichkeiten. Kein Elternteil sollte Angst haben müssen seinen Job zu verlieren, weil die Kinderbetreuung nicht gewährleistet werden kann. Ich fordere deshalb mehr Kinderbetreuungseinrichtungen in verschiedensten Bereichen, wie Tagesmütter, Kindertagesstätten oder altersübergreifenden Gruppen in Kindergärten, aber in einem solchen Maße, das kein Elternteil gezwungen wird und dafür dankbar sein muss, da sein Kind in einer Betreuungseinrichtung versorgt wird, die den Wertvorstellungen nicht entspricht. Für Notsituationen, die den Kinderbetreuungsbetrieb einschränken, muss eine Entlastung für Eltern gegeben werden, die Eltern nicht in ihrer Berufstätigkeit einschränkt, aber auch das kindliche Wohl nicht außer Acht lässt.“

VK24 bedankt sich für diese ausführliche Sichtweise!

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  • Online: 05.09.2023 - 15:45
  • Edit: 05.09.2023 - 15:52