Das VK24 Interview
MMag. Elisabeth Mandl im Gespräch: Psychische Gesundheit in Kärnten unter die Lupe genommen
10. Oktober – Welttag der psychischen Gesundheit. Wie steht es um unsere psychische Gesundheit? Was beeinflusst sie und wie kann einem Betroffenen geholfen werden? Die Redaktion hat dieses aktuelle Thema aufgegriffen. Es folgt: das neue VK24 Interview.
Auf der Suche nach einem Spezialisten rund um das große Thema psychische Gesundheit, fiel unsere Wahl auf MMag. Elisabeth Mandl, die sich dazu bereit erklärt hat, unsere Fragen zu beantworten.
Elisabeth Mandl ist klinische- und Gesundheitspsychologin und Psychotherapeutin und arbeite in der Funktion als Fachbereichsleitung in der AVS Kärnten in den Bereichen „Arbeitstrainingszentrum“ und im „Psychosozialen Beratungszentrum“.
VK24: Mit welchen psychischen Problemen haben im Schnitt die meisten Kärntner zu kämpfen?
MMag. Elisabeth Mandl: „Grundsätzlich muss man sagen, dass alle Störungsbilder in der Bevölkerung vorkommen. Besonders häufig kommen jedoch Angststörungen und depressive Phasen vor.“
Ist seit der Pandemie ein signifikanter Anstieg an psychischen Gesundheitsproblemen zu verzeichnen?
„Besonders im Kinder- und Jugendbereich ist seit der Pandemie ein Anstieg an psychischen Gesundheitsproblemen zu verzeichnen. Der Grund dafür liegt auch darin, dass in Phasen des Lockdowns alle sozialen Kontakte untersagt waren und die daraus resultierende Einsamkeit und der Verlust von sozialen Kontakten die psychischen Probleme verursacht hat.“
Wird eine psychische Erkrankung von Seiten der Krankenversicherungen ausreichend unterstützt?
„Grundsätzlich muss man sagen, dass in Österreich von Seiten der Krankenversicherungen viel getan wird, um den Klienten einen relativ unbürokratischen Zugang zur, für den Hilfesuchenden, kostenfreien Psychotherapie zu ermöglichen. Natürlich wäre es wünschenswert, wenn es noch mehr Personal geben könnte, da dann die Wartezeiten für eine Psychotherapie dadurch verkürzt werden könnte.“
Kinder und Jugendliche
Warum, glauben Sie, leiden so viele Kinder an psychischen Problemen?
„Warum so viele Kinder an psychischen Problemen leiden, lässt sich nicht pauschal sagen, da die Ursachen dafür im Einzelfall unterschiedlich sind. Einer der Faktoren ist sicher, dass Eltern sich manchmal zu wenig Zeit nehmen oder aber aufgrund von Lebensumständen nicht genügend Zeit haben, um sich so viel ihren Kindern widmen zu können wie es notwendig wäre. Oft werden aus schlechtem Gewissen heraus Zugeständnisse gemacht, mit denen Jugendliche nicht umgehen können. Nicht zu vergessen sind natürlich die vielen, oft nicht altersgemäß verwendeten, Computerspiele etc.“
Digitalisierung, Social Media: Glauben Sie, dass ein erhöhter Internetkonsum auch zu psychischen Problemen führen kann?
„Ein erhöhter Internetkonsum führt dann zu psychischen Problemen, wenn Kinder und Jugendliche ständig mehrere Stunden am Tag ihre Zeit vor dem Computer verbringen und somit auch soziale Kontakte vernachlässigen.“
Mobbing in der Schule. Welche Vorgehensweisen für Pädagogen und Eltern sind ratsam?
„Bei Mobbing in der Schule ist es wichtig, dass Lehrer nicht weg sondern hinsehen und von sich aus auch Kontakt zum Schüler, zu den Eltern und zum Schulpsychologen aufnehmen. In so einem Fall ist es wichtig, einerseits mit dem Opfer, aber auch mit den Kindern, die mobben, zu sprechen. Das Gespräch ist hier eigentlich eine absolute Notwendigkeit.“
Ich möchte helfen…
Wie macht man jemandem klar, dass es wichtig wäre psychologische Hilfe aufzusuchen, die betroffene Person es jedoch selbst es nicht wahrhaben will?
„Wenn jemand selbst nicht wahrhaben will, dass er psychologische Hilfe braucht, ist es schwierig, ihm von der Notwendigkeit zu überzeugen. Aber auch hier ist es wichtig, das Gespräch zu suchen und aufzuzeigen, welche Veränderungen man wahrgenommen hat und eventuell eine Liste mit Hilfsangeboten mitzugeben.“
Was kann ich selbst tun?
Welche Übungen kann man selbst tun, um nach einem stressigen Tag wieder auf den Boden zu kommen?
„Am Ende eines stressigen Tages kann moderater Sport in der Natur fast immer hilfreich sein. Grundsätzlich sollte jeder für sich aber überdenken, wie man sein Leben ändern könnte, um überhaupt nicht zu oft sehr stressreiche Tage zu haben. Keine Lösung darf natürlich Alkohol oder Tabletten sein, da es dann sehr schnell zu einem Missbrauch und somit zu einer großen Problematik kommen kann.“
Professionelle Hilfe
Wie wird Betroffenen bei der AVS geholfen?
„Die AVS ist mit ihren psychosozialen Diensten in allen Bezirken Kärntens vertreten und Klienten aus ganz Kärnten können sich telefonisch melden und bekommen dann jeweils innerhalb kurzer Zeit einen persönlichen Termin für ein Informationsgespräch. Bis dann tatsächlich eine regelmäßige Psychotherapie beginnt, können allerdings einige Monate vergehen, wobei im Einzelfall bei Bedarf sogenannte „Überbrückungsgespräche“ angeboten werden. Grundsätzlich können sich jedoch alle Betroffenen mit allen Leidenszuständen melden und es wird versucht, allen zu helfen.“
An diesen schönen Moment in ihrer Arbeit mit Betroffenen erinnern Sie sich gerne zurück…
„Es gibt für mich nicht DEN einen schönen Moment, denn ich empfinde meine Arbeit insgesamt als schön und insbesondere freue ich mich, wenn sich Klienten bei Bedarf nach Jahren wieder melden, weil sie die Therapiearbeit positiv in Erinnerung behalten haben.“
Einige Anlaufstellen im Bezirk Völkermarkt
- AVS – Sozial- und Gesundheitszentrum Völkermarkt, Ritzingstraße 31, Völkermarkt
- pro mente Kärnten, 2.-Mai-Straße 10, Völkermarkt
- Kärntner Landesverband für Psychotherapie
- Online: 10.10.2023 - 16:53